„Zero Waste“ bedeutet nicht, seinen Abfall auf Null zu minimieren und komplett verschwinden zu lassen. Der Begriff „Null Müll“ ist lediglich eine Orientierung, die uns das bewusste Konsumverhalten und das kritische Hinterfragen von Produkten und Dingen ans Herz legt. Deswegen hat das Wort „Perfektionismus“ hier auch nichts zu suchen. Um Zero Waste zu leben, muss man nicht perfekt in der Umsetzung sein, sondern sein Bestes geben, sein Bewusstsein schärfen und Verständnis aufbringen. Verständnis für sich selbst und für andere. Wir leben in einer Gesellschaft, in der das vollständige nachhaltige Leben kaum möglich ist. In dem sozialen Kontext, in dem wir im globalen Norden leben, ist es fast unmöglich, Konsum und alles was damit einhergeht, zu vermeiden. Statt uns dadurch in eine lähmende Ohnmacht zu begeben, ganz nach dem Motto: „wir können sowieso nichts richtig machen“ oder „es würde nichts bringen“, bietet uns der Zero Waste Lifestyle eine Möglichkeit, uns aus der Passivität im Umweltschutz zu befreien. Nur weil man nicht ALLES richtig machen kann, bedeutet das nicht, man könne NICHTS ändern. Es sind die vielen kleine Schritte, die den Unterschied machen und nicht die grossen, die vereinzelt auftreten.

In einem nachhaltigen Leben allgemein kommt es darauf an, sein Bestes zu geben und kontinuierlich zu lernen, der Erde und seinen Mitmenschen etwas Gutes zu tun. Deswegen ist der Aspekt des Verständnisses so entscheidend: die wenigsten von uns sind in einem allumfassenden ökologisch nachhaltigen Kontext aufgewachsen, wir haben uns über Jahre und Generationen Gewohnheiten angeeignet, von denen uns die Auswirkungen oft nicht bewusst waren. Anderen Menschen vorzuwerfen, „nichts zu tun“ führt zum Gegenteil: sie sind eher abgeschreckt, als dass sie ihre Gewohnheiten in Frage stellen. Auch wir tun uns keinen Gefallen, wenn wir uns für einen Emotionskauf oder eine Ausnahme massregeln. Dadurch fällt es uns gegebenenfalls nur schwerer, es beim nächsten Mal wieder „besser“ zu machen, weil es jetzt sowieso keinen Unterschied mehr machen würde.

Es ist ganz normal, zwischendurch in alte Muster zu verfallen. Um Gewohnheiten zu ändern, brauchen wir Zeit. Da ist die Situation im Urlaub oder die neue Umgebung nach einem Umzug: wenn man noch nicht weiss, wo man was bekommt/einkaufen kann und andere Dinge, wie beispielsweise Erholung oder das Auspacken von Möbeln, Priorität haben, darf man auch mal das nachhaltige Leben hinten anstellen. Wobei „dürfen“ eigentlich auch ein irreführendes Wort ist. Zero Waste sollte nicht mit „du darfst“ und „du darfst nicht“ Geboten arbeiten. Viel besser und einfacher findet man einen Zugang durch Formulierungen wie „du kannst, musst aber nicht“.

Diese Einstellung ist besonders bei den ersten Schritten Richtung Zero Waste wichtig. Als erstes frage dich: „wo fällt mir eine Umstellung/eine neue Routine am einfachsten?“. Vielleicht fällt dir der nachhaltige Kleiderkauf bzw. Second-Hand-Kauf noch schwer, aber die Vorstellung feste Seife zu benutzen stellt für dich eine viel kleinere Herausforderung dar. Manchmal muss es auch keine komplette Umstellung sein und ein Kompromiss ist ebenfalls eine gute Möglichkeit, sich auf den Weg zu machen. Du kannst dir das Wickeln mit Stoffwindeln nicht vorstellen? Wie wäre es mit ökologischen Wegwerfwindeln, wie zum Beispiel denen von Eco Naty? Du kannst dir keine Küche ohne Küchenpapier vorstellen? Wie wäre es mit welchem aus recyceltem Papier? Du möchtest deine Putzmittel nicht alle selbst herstellen? Du kannst fertige auch im nächsten Unverpackt Laden abfüllen. Du hast keinen Unverpackt Laden in der Nähe? Wie wäre es dann mit ökologischen Produkten?

Die wichtigsten Punkte auf deinem Weg in ein nachhaltigeres Leben sind das Bewusstwerden und kritische Hinterfragen des aktuellen Lebenstils. Was kannst du besser machen? Fange dort an, wo es dir leicht fällt und wenn du dir keine Umstellung vorstellen kannst, überlege, wie du der Nachhaltigkeit trotzdem etwas näher kommen könntest. Und wenn es mal nicht klappt, ist das kein Problem. Wichtig ist nur, wieder aufzustehen und weiterzumachen.

Vom Hinfallen und Aufstehen